Beabsichtigt ein niedergelassener Arzt die Aufgabe seiner Praxis, so schließt sich unmittelbar daran in der Regel der Verkauf der Praxis an den gewählten Nachfolger an. Inwieweit auch ein isolierter Verkauf des Patientenstammes rechtlich möglich ist, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu beurteilen.
Sachverhalt
Beklagte war eine niedergelassene Zahnärztin mit einem Stamm von ca. 600 Patienten. Diese plante die Aufgabe ihrer Praxis zum 30.06.2018. Vor diesem Hintergrund schloss sie im Jahr 2017 mit dem klagenden Zahnarzt einen Kaufvertrag über ihren Patientenstamm. Gegen einen Kaufpreis von 12.000 € sollten die Patientenkarteien der Beklagten mit sämtlichen Krankenunterlagen in das Eigentum und den Besitz des Klägers übergehen, vorausgesetzt eine schriftliche Einwilligungserklärung der Patienten liege vor. Unabhängig von der Einwilligung der Patienten sollte der Kläger die Patientenakten in einem gesonderten Schrank in Verwahrung nehmen („Zwei-Schrank-Modell“). Des Weiteren sollten alle Anrufe auf dem Telefonanschluss als auch die Aufrufe der Internetseite der Beklagten an den Kläger umgeleitet werden.
Zur eigenen Absicherung holte die Beklagte sich nach Abschluss des Vertrages eine Auskunft bei der Landesärztekammer ein. Vor dem Hintergrund dieser Auskunft verweigerte sie anschließend die Erfüllung des Vertrages. Der Zahnarzt klagte auf Übergabe und Übereignung der Patientenakten.
Entscheidungsgründe
Der BGH wies die Revision des Klägers zurück. Dieser habe keinen Anspruch auf Erfüllung des Vertrages. Der zwischen den Ärzten geschlossene Kaufvertrag sei nichtig.
Die Vereinbarung über die Veräußerung des Patientenstammes verstoße gegen die Vorschrift des § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte. Laut dieser Vorschrift ist es dem Zahnarzt nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder eine sonstige wirtschaftliche Vergünstigung zu fordern, sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. In der Vorschrift sei ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB zu sehen. Der Verstoß führe daher zur Nichtigkeit des Vertrages. Insbesondere die Verpflichtung zur Einrichtung einer dauerhaften Rufumleitung sowie zur Versendung eines Schreibens an alle Patienten mit der ausdrücklichen Empfehlung der Fortsetzung der Behandlung bei Kläger stelle eine unzulässige entgeltliche Zuweisung dar. Darunter falle jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Wahl unter Ärzten oder anderen Leistungserbringern zu beeinflussen. Damit entspreche der Begriff dem der „Zuführung“ im Sinne der Korruptionsvorschriften in den §§ 299a, 299b StGB.
Praktische Hinweise
Im Urteil betont der BGH noch einmal ausdrücklich, dass ein Verkauf einer Arztpraxis im Ganzen rechtlich möglich ist. Dies sollte im Falle des Praxiskaufs auch die Wahl der Dinge sein. Zumindest dem isolierten Verkauf des Patientenstamms in Verbindung mit einer Verpflichtung zu „Werbemaßnahmen“, beispielsweise Rundschreiben an alle Patienten, hat der BGH einen Riegel vorgeschoben. Indem er die Parallele zu den Korruptionsvorschriften zieht, deutet er gar an, dass Ärzte, die einen solchen Vertrag schließen, auch das Risiko einer Strafbarkeit eingehen. Auch wenn die Nichtigkeit vorliegend einzig auf eine Vorschrift in der Berufsordnung für Zahnärzte gestützt wird, findet sich nahezu für alle Fachbereiche eine vergleichbare Vorschrift. Auch § 31 Der Musterberufsordnung-Ärzte enthält eine entsprechende Regelung.
Das Urteil des BGH finden Sie hier.