Betriebsfeiern bieten die Möglichkeit, die Arbeitnehmer für ihre stetigen Bemühungen zu belohnen und als Teambuilding Maßnahme ein gutes Arbeitsklima zu fördern. Eine lockere Atmosphäre kann dazu beitragen, dass sich Arbeitnehmer untereinander besser kennen lernen und das Unternehmen besser zusammenwächst. In Verbindung mit Alkohol kann es allerdings auch zu ungehemmtem Verhalten kommen, welches sich auf das Beschäftigungsverhältnis auswirken kann.
Im vorliegenden Fall hatte das ArbG Siegburg darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer, der einer Kollegin während einer Betriebsfeier auf das Gesäß haut und sie gegen ihren erkennbaren Willen festhält, fristlos gekündigt werden kann. Für eine solche außerordentliche Kündigung bedarf es gem. § 626 Abs. 1 BGB eines wichtigen Grundes.
Das Gericht urteilte, dass ein solches Verhalten des Arbeitnehmers eine außerordentliche Kündigung begründen kann, auch wenn sich der Vorfall in lockerer Atmosphäre auf einer Betriebsfeier ereignet. Gerade eine zusätzlich geäußerte Aussage, die betroffene Arbeitnehmerin solle den „Klaps auf den Po“ als Kompliment auffassen, lasse seine sexuell bestimmte Motivation klar erkennen.
Sachverhalt:
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.03.2023 als Standortakquisiteur im Außendienst beschäftigt. Mit Schreiben vom 28.08.2023 wurde er bereits wegen alkoholisiertem, verbal unangemessenem und körperlich aufdringlichem Verhalten abgemahnt. Am Abend des 02.03.2024 bzw. frühen Morgen des 03.03.2024 fand eine Betriebsfeier statt, an welcher der Kläger teilnahm. Nach 24 Uhr gab der Kläger der Mitarbeiterin, als diese an ihm vorbeiging einen Klaps auf den Po. Sie fragte ihn daraufhin, was das solle, und forderte ihn auf, so etwas zu unterlassen, worauf hin der Kläger antwortete, sie solle dies als Kompliment nehmen. Kurze Zeit später kam es zu einem erneuten Aufeinandertreffen, bei welchem der Kläger ihr einen Schnaps anbot, welchen diese ablehnte. Als die Kollegin das Gespräch beenden wollte, zog und drückte der Kläger sie plötzlich an sich und belästigte sie auch verbal sexuell. Zudem hatte der Kläger noch seine Hand an dem Hals der ihm abgewandten Mitarbeiterin. Daraufhin riss sich diese los und mied weiteren Kontakt auf der Feier mit dem Kläger. Dennoch kam es noch einmal zu einem Kontakt, bei dem der Kläger ihr sagte „Ich hoffe, du wirst Zuhause geschlagen.“ Die Beklagte kündigte in der Folge das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 08.03.2024 fristlos, ohne diesen zuvor anzuhören.
Der Kläger fordert festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Die Beklagte forderte dagegen mittels Widerklage die an den Kläger versehentlich für den Monat März zu viel gezahlte Entlohnung i. H. v. 2.694,16 EUR zurück.
Entscheidung des ArbG Siegburg:
Das ArbG Siegburg gab der Beklagten recht. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 08.03.2024 aufgelöst worden; der überbezahlte Betrag ist an sie zurück zu zahlen.
Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn sich im Einzelfall und unter Berücksichtigung der Umstände ergibt, dass beiden Parteien eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Eine sexuelle Belästigung gem. § 3 Abs. 4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar und ist zugleich auch nach Rechtsprechung des BAG ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB (vgl. BAG, Urteil vom 29.06.2017, Az.: 2 AZR 302/16).
Durch den Schlag auf den Po und das spätere Anfassen des Halses der Kollegin hat der Kläger gegen ihren Willen in die Intimsphäre der Mitarbeiterin eingegriffen. Eine solche Behandlung führt unweigerlich zu einer Würdeverletzung und Objektifizierung der betroffenen Frau. Hinzu kommt die Aussage des Klägers, die Kollegin solle dies als Kompliment nehmen. Er zeigte damit deutlich seine Überlegenheit gegenüber der Mitarbeiterin und drückte seine sexuellen Intentionen aus. Mithin liege eine sexuelle Belästigung durch den Kläger vor.
Das Gericht betonte, dass gerade die Situation einer Betriebsfeier keine Ausnahme vom Schutz vor (sexuellen) Belästigungen darstellen darf. Weder der mögliche Alkoholkonsum, noch die lockere Atmosphäre unter Kollegen dürfe den Raum bieten, solche Taten zu ermöglichen. Der Arbeitgeber ist nach § 12 Abs. 1 AGG zum Schutz der Mitarbeiter vor Belästigungen verpflichtet – im Zweifel auch zu vorbeugenden Maßnahmen.
Im vorliegenden Fall bedurfte es auch keiner vorigen Abmahnung als milderes Mittel zur sofortigen Kündigung. Die sexuelle Belästigung durch den Kläger stelle eine solch schwere Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis dar, dass es einer Abmahnung nicht bedarf. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kläger auch nach einer Abmahnung erneut übergriffig würde. Ebenfalls müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger schon wiederholt auffällig war und zuvor bereits abgemahnt wurde.
Das Urteil des ArbG Siegburg können Sie in voller Länge hier nachlesen.