BAG: Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung endet auch bei Unterschreiten des Schwellenwerts erst mit Ende der Wahlperiode

BAG, Beschluss vom 19.10.2022, Az.: 7 ABR 27/21

In Betrieben mit mindestens fünf schwerbehinderten Beschäftigten ist gem.  § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX eine Schwerbehindertenvertretung zu wählen. Diese soll die Interessen der schwerbehinderten Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber vertreten und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften überwachen. Welche Folgen es hat, wenn die Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten während einer laufenden Amtszeit unter den Schwellenwert von fünf sinkt, hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu beantworten.

Sachverhalt
In einem Betrieb mit ca. 120 Arbeitnehmern existierte zusätzlich zum Betriebsrat eine Schwerbehindertenvertretung. Als die Anzahl der schwerbehinderten Arbeitnehmer von fünf auf vier absank, erklärte der Arbeitgeber, dass die Schwerbehindertenvertretung aufgrund der Unterschreitung des Schwellenwertes von nun an nicht mehr existiere. Dagegen ging die gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten vor. Die Schwerbehindertenvertretung müsse zumindest bis zur nächsten Wahl des Betriebsrates fortbestehen. Das LAG Köln ging von einer Beendigung der Amtszeit aus. Die Schwerbehindertenvertretung hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt.

Entscheidung
Die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung hatte Erfolg vor dem BAG.

Die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung wurde nicht aufgrund des Absinkens der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter im Betrieb vorzeitig beendet. Eine entsprechende gesetzliche Regelung, welche ein Ende der Amtszeit der Scherbehindertenvertretung bei Absinken unter den Schwellenwert nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorsieht, besteht nicht. Auch aus dem Sinn und Zweck des Schwellenwertes ergebe sich kein Erfordernis, die Schwerbehindertenvertretung vorzeitig aufzulösen.

Hinweis für die Praxis
Das BAG stärkt mit dem Urteil die Stellung der Schwerbehindertenvertretung, indem die Mindestanzahl von fünf schwerbehinderten beschäftigten lediglich zum Zeitpunkt der Wahl vorausgesetzt wird. Damit differenziert das BAG die Schwerbehindertenvertretung auch deutlich vom Betriebsrat, dessen Amtszeit bei einem Absinken der Mitarbeiterzahl unter den Schwellenwert von fünf ständigen Mitarbeitern (§ 1 Abs. 1 BetrVG) endet.

Die Pressemitteilung des BAG können Sie hier nachlesen.

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