Die Untersagung der privaten Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit unterliegt keinem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Jene Anordnung, die darauf abzielt die Arbeitsleistung sicherzustellen, unterliege nach Ansicht des BAG vielmehr dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO.
Rechtlicher Hintergrund:
Gemäß § 87 Abs.1 Nr.1 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. „Gegenstand des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Es beruht darauf, dass sie ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringen und deshalb seinem Weisungsrecht unterliegen. Das berechtigt den Arbeitgeber dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei diesen Maßnahmen soll gewährleisten, dass die Arbeitnehmer gleichberechtigt in die Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens einbezogen werden. Dazu schränkt das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die auf die betriebliche Ordnung bezogene Regelungsmacht des Arbeitgebers ein (BAG, Beschluss v. 15.11.2022, Az.: 1 ABR 5/22)“.
Demnach hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht etwa bei Anordnungen von Tragen von Arbeits- oder Berufskleidung, Verhaltensregeln auf dem Firmengelände oder Taschen- und Torkontrollen. Das Mitbestimmungsrecht kann allerdings nur bestehen, wenn die Anordnungen und Anweisungen des Arbeitgebers das sogenannte Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffen. Unter dem Ordnungsverhalten versteht man ein Verhalten der Arbeitnehmer, welches einen Bezug zur betrieblichen Ordnung hat. Die Betriebsordnung beinhaltet Regeln zum Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb.
Demgegenüber steht das sogenannte Arbeitsverhalten, d.h. die Art und Weise der Arbeitsleistung. Jenes unterliegt nicht mehr dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO.
Die Anweisungen des Arbeitgebers liegen an der Schnittstelle zwischen Ordnungs- und Arbeitsverhalten. Sie betreffen nicht direkt die Art und Weise der Arbeitsleistung, sondern dienen mittelbar dazu, sicherzustellen, dass die Arbeit ohne Ablenkungen, Gefährdungen oder Unterbrechungen ausgeführt werden kann.
Sachverhalt:
Der Arbeitgeber stritt sich mit seinem Betriebsrat über die Frage, ob das vom Arbeitgeber zuvor verhängte generelle Verbot der Handynutzung während der Arbeitszeit mitbestimmungspflichtig sei oder nicht. In dem Betrieb des Arbeitgebers kommt es an einigen Arbeitsplätzen in der Produktion, im Versand und im Wareneingang immer wieder zu Arbeitsunterbrechungen, in denen die Arbeitnehmer entweder zu anderen Arbeiten eingeteilt werden oder Nebenarbeiten (z.B. Arbeitsplatz aufräumen) erledigten sollten. Der Betriebsrat war der Meinung, dass das streitige Handyverbot das Ordnungsverhalten betreffe. Die Handyverwendung sei mit der Erfüllung der Arbeitspflicht jedenfalls in den Zeiten vereinbar, in denen keine Arbeit anfalle. Der Antrag des Betriebsrates, dem Arbeitgeber ein Handyverbot zu untersagen, solange die Zustimmung des Betriebsrats weiterhin fehle oder seine Zustimmung nicht durch Einigungsstellenspruch ersetzt worden ist, hatte in den vorigen Instanzen keinen Erfolg (vgl. AG Braunschweig, Beschluss v. 17.03.2022, 6 BV 15/21; LAG Niedersachsen, Beschluss v. 13.10.2022, 3t TaBV 24/22).
Entscheidung des BAG:
Das BAG schloss sich dem Ergebnis der vorherigen Instanzen an. In seiner Entscheidung hieß es: „Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht zu, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit untersagt, um eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung sicherzustellen.“
Das vom Arbeitgeber ausgesprochene Verbot sei ebenso nach Ansicht des BAG durch Vermeidung der Ablenkung durch Smartphones in erster Linie auf die Steuerung des Arbeitsverhaltens gerichtet. Auch Anweisungen, die die zu verrichtenden Tätigkeiten zwar nicht unmittelbar konkretisieren, aber ihre Erbringung sicherstellen solle, betreffen das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten.
Die Entscheidung können Sie in voller Länger hier lesen.