BAG: Verlängerung der gesetzlichen Höchstdauer einer Arbeitnehmerüberlassung durch Tarifvertrag gilt unabhängig von Tarifgebundenheit

BAG, Urteil vom 14.09.2022, Az.: 4 AZR 83/21

In § 1 Abs. 1b Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wird die Höchstdauer einer Arbeitnehmerüberlassung auf 18 Monate festgelegt. Allerdings ermöglicht der Gesetzgeber den Tarifparteien eine Verlängerung der Überlassungshöchstdauer durch eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag. Ob eine Verlängerung auf 48 Monate auch für einen Leiharbeitnehmer gilt, welcher nicht Gewerkschaftsmitglied ist, hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden.

Sachverhalt
Der Kläger war in der Metallbranche tätig. Als Leiharbeitnehmer war er für knapp 24 Monate bei der Beklagten eingesetzt. Diese ist Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (Südwestmetall). Im Unternehmen der Beklagten galt daher der mit der IG Metall geschlossene Tarifvertrag zu Leih- und Zeitarbeit. In diesem wird unter anderem die Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung auf 48 Monate festgesetzt. Der Kläger war kein Mitglied der IG Metall. Daher beantragte er die gerichtliche Feststellung, dass mit Ablauf der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten entstanden ist. Die Regelung des Tarifvertrages gelte für ihn nicht.

Entscheidung
Das BAG wies die Klage ab. Es sei kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommen.

§ 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG gestattet es den Tarifparteien, eine von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer abweichende Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung festzulegen. Der Gesetzgeber habe die Tarifparteien damit außerhalb des Tarifvertragsgesetzes zur Regelung ermächtigt. Durch die Regelung werden die Tarifvertragsparteien nicht nur zur Regelung für tarifgebundene Unternehmen befugt, sondern auch für Verleiher und Leiharbeitnehmer, bei denen keine Tarifbindung besteht. Diese Regelungsermächtigung sei verfassungs- und unionsrechtskonform. Mit der Festlegung einer Überlassungshöchstdauer von 48 Monaten bewegen sich die Tarifparteien im Rahmen ihrer Regelungsbefugnis. Die Überlassungshöchstdauer sei daher im Falle des Klägers nicht überschritten wurden, sodass kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande kam.

Hinweis für die Praxis
Die Missachtung der Überlassungshöchstdauer kann für den Arbeitgeber erhebliche Konsequenzen haben. Im Falle der Überschreitung droht neben einem Bußgeld von bis zu 30.000 € auch der Verlust der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Der den Tarifparteien mit § 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG eingeräumte Gestaltungsspielraum kann daher in der Praxis von enormer Bedeutung sein. Indem das BAG die Geltung der tarifvertraglich geregelten Überlassungshöchstdauer unabhängig von der Tarifgebundenheit anerkennt, erweitert es die Bedeutung der Regelungsermächtigung deutlich.

Die Pressemitteilung des BAG können Sie hier nachlesen.

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