LAG Düsseldorf: absichtlich falsche Arbeitskleidung kann eine Kündigung bedeuten

LAG Düsseldorf, Urteil vom 21.05.2024, Az.: 3 SLa 224/24

Der Arbeitgeber hat nach § 106 GewO weitreichende Befugnisse, um seinen Beschäftigten Vorgaben zum Inhalt, Ort und zur Zeit der Arbeitsleistung zu geben. Das erstreckt sich ebenso auf die Ordnung im Betrieb und das Verhalten der Arbeitnehmer.

Das LAG Düsseldorf entschied nun, dass auch die Wahl der Farbe der Arbeitskleidung unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers fallen kann. Verweigert der Beschäftigte diese Anweisungen mehrfach und ohne hinreichende Gründe, rechtfertigt dies eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG.

Sachverhalt:

Der Kläger war seit dem 01.06.2014 im Betrieb der Beklagten im Bereich der Produktion tätig. Im Unternehmen arbeiten mehr als 200 Mitarbeiter, jedoch ohne einen Betriebsrat. Der Kläger hatte zuletzt vor seiner Kündigung je nach Einsatz Zugang zu allen Hallenbereichen, auch in solchen mit Gabelstaplern.

Im September 2023 wurde eine Neufassung der im Betrieb geltenden Hausordnung bekannt: Arbeitskleidung wurde durch das Unternehmen der Beklagten gestellt. Diese sollten die Mitarbeiter tragen, um einerseits den Betrieb zu repräsentieren und andererseits die Funktionalität und Arbeitssicherheit in der Arbeitsstätte zu wahren. Zudem wurde in der Hausordnung festgelegt, wie diese Dienstkleidung auszusehen hat: Darunter fiel auch eine rote Arbeitshose.

Seit dem 04.10.2023 war der Kläger allerdings nicht wie zuvor in roter, sondern nur noch in einer schwarzen Arbeitshose zum Dienst erschienen. Auch nach mehreren Aufforderungen und einem Personalgespräch am 19.10.2023 änderte sich daran nichts, sodass die Beklagte den Arbeitnehmer am 03.11.2023 abmahnte. Nach darauffolgender Rückkehr aus dem Urlaub des Klägers erschien dieser erneut nur in schwarzer Hose am 21. und 22.11.2023. Daher wurde er ein zweites Mal am 23.11.2023 abgemahnt. Jedoch hielt sich der Arbeitnehmer weiterhin nicht an die Hausordnung bezüglich der Arbeitskleidung und erschien am 24.11.2023 wiederholt nicht in einer roten Arbeitshose. Schließlich kündigte die Beklagte ihm am darauffolgenden 27.11.2023 ordentlich zum 29.02.2024.

Dagegen erhob der Kläger am 27.11.2023 beim Arbeitsgericht Solingen Kündigungsschutzklage und forderte gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung im Betrieb. Er sei der Ansicht, dass die Farbe der Arbeitshose keinen besonderen arbeitsschutzrechtlichen Zweck erfülle und er sie damit auch nicht notwendigerweise tragen müsse. Das Direktionsrecht seines Arbeitgebers würde sich nicht auf die Farbe der Dienstkleidung erstrecken. Weiterhin mag er die Farbe rot schlichtweg nicht.

Die Beklagte erwiderte, dass die rote Arbeitshose als Arbeitsschutzkleidung notwendig sei. Das liege auch daran, dass rot eine besondere Signalfarbe darstelle und die Mitarbeiter im Produktionsbereich schütze. Ebenso stehe die Farbe bereits seit 1976 für das Unternehmenslogo und gehöre zur Corporate Identity des Unternehmens.

Das ArbG Solingen wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Nun legte der Kläger Berufung vor dem LAG Düsseldorf ein.

Entscheidung des Gerichts:

Das LAG stimmte der Vorinstanz zu und wies die Berufung des ehemalig Beschäftigten zurück. Die Weisung des Arbeitgebers, bestimmte Arbeitskleidung zu tragen, sei rechtmäßig erfolgt. Die Weigerung des Klägers, sie auch nach mehrmaligen Abmahnungen nicht zu tragen begründe eine Pflichtverletzung, die eine wirksame Kündigung zur Folge habe.

Mit der bekannt gemachten Hausordnung übte der Arbeitgeber sein Direktionsrecht aus § 106 GewO in konkretisierender Weise aus. Das verpflichtende Tragen von Arbeitskleidung fällt unter die Arbeitsbedingungen, die vom Arbeitgeber vorgegeben werden dürfen, soweit es dazu noch keine individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen gibt. Existiert – wie im konkreten Fall – keine Betriebsvereinbarung mangels Betriebsrats und wird auch keine Tarifzugehörigkeit von den Parteien geltend gemacht, liegt es im Bereich des Weisungsrechts des Arbeitgebers, die Bedingungen zu bestimmen.

Der Arbeitnehmer habe gegenüber dem Arbeitgeber eine Grundsatzdiskussion entfacht, indem er sich gegen die Neufassung der Hausordnung aufgrund von Dienstkleidung stellte. Dafür spricht insbesondere, dass der Kläger zuvor jahrelang keine Probleme mit dem Tragen der roten Arbeitshose hatte. Die durch eine solche Eskalation des Beschäftigten ausgesprochene Kündigung sei im Ergebnis verhältnismäßig und überwiege den Interessen des Arbeitnehmers. Die Abwägung des Gerichts habe ergeben, dass das Interesse der Beklagten, ihren Betrieb in ihrer Organisation gem. Art. 12 Abs. 1 GG zu bestimmen, schwerer wiege als das Interesse des Arbeitnehmers in seiner Betroffenheit der Sozialsphäre. Insbesondere die Arbeitssicherheit der Mitarbeiter und die Corporate Identity des Unternehmens seien Gründe, die für diese Entscheidung sprechen.

Damit liegen Gründe für eine sozial gerechtfertigte Kündigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG vor. Der Arbeitnehmer habe kein Recht auf eine Weiterbeschäftigung im Betrieb.

Das Urteil des LAG Düsseldorf können Sie in voller Länge hier lesen.

Weitere Artikel aus dem Magazin

Verpassen Sie keinen Beitrag

Erhalten Sie regelmäßig die wichtigsten News zu Rechtsfragen im Gesundheitswesen und der Wirtschaft und verpassen Sie keine unserer Veranstaltungen mehr.