OLG Celle: Befreiung von Maskenpflicht ohne Untersuchung ist strafbar

OLG Celle, Beschluss vom 16.11.2022, Az.: 2 Ss 137/22

Mit der Neuregelung der Strafnormen in §§ 277 ff StGB zum 24.11.2021 hat der Gesetzgeber auf die Zunahme inhaltlich unrichtiger oder gefälschter Atteste, Impf- und Testbescheinigungen im Zuge der Corona-Pandemie reagiert. Im Rahmen dessen wurde auch die Strafbarkeit von Ärzten wegen Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse in § 278 StGB erweitert. Ob sich ein Arzt durch Ausstellung von Maskenattesten ohne vorherige Untersuchung strafbar macht, hatte das OLG Celle zu entscheiden.

Sachverhalt

Der angeklagte Arzt soll insgesamt 29 Personen Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben, mit welchen diese von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit wurden. Eine Untersuchung oder Begutachtung der Personen soll er vorab nicht durchgeführt haben. Das Amtsgericht Uelzen sah in dem Verhalten ein Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 278 StGB und verurteilte den Mediziner zu einer Geldstrafe von 8.400 €. Gegen dieses Urteil ging der Arzt in Revision.

Entscheidung

Das OLG Celle bestätigte die rechtliche Einschätzung der Vorinstanz.

Ein ärztliches Gesundheitszeugnis sei auch dann unrichtig im Sinne des § 278 Abs. 1 StGB, wenn die Untersuchung, welche für die Beurteilung des Gesundheitszustands erforderlich ist, nicht durchgeführt wird. Dass eine Befreiung von der geltenden Maskenpflicht nur mit Vorlage eines ärztlichen Attests möglich ist, soll gerade sicherstellen, dass gegen das Tragen einer Maske tatsächlich gesundheitliche bzw. medizinische Gründe und nicht lediglich die bloße Unlust der Person sprechen. Ohne stattgefundene körperliche Untersuchung sei eine solche Einschätzung nicht möglich. Etwas anderes gelte jedoch, wenn aus dem Attest deutlich wird, dass dieses ohne vorherige Untersuchung ausgestellt wurde. In diesem Fall sei das Attest nicht unrichtig im Sinne des § 278 Abs. 1 StGB.

Das Amtsgericht hatte diese Ausnahme übersehen. Daher sei es nun Aufgabe des Amtsgerichts festzustellen, ob aus den Attesten hinreichend hervorgeht, dass diese ohne vorherige Untersuchung ausgestellt worden sind.

Praktische Hinweise

Neu im § 278 StGB ist, dass das Gesundheitszeugnis nicht mehr „zur Vorlage bei einer Behörde ausgestellt“ sein muss. Da es in der Pandemie üblich geworden ist, auch beispielsweise bei Laden- oder Restaurantbetreibern ärztliche Atteste vorzulegen, wurde die Strafbarkeit entsprechend erweitert. Mit seiner rechtlichen Auffassung, wann ein solches Gesundheitszeugnis „unrichtig“ sei, reiht sich das OLG Celle in die bisherige Rechtsprechung ein. Bereits zahlreiche andere Gerichte stellten ein Attest ohne vorherige Untersuchung einem Attest gleich, welches nach erfolgter Untersuchung falsche Angaben enthält (so z.B. LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 28.07.2022, Az.: 12 Qs 34/22). Dem Ausstellen von Gefälligkeitsattesten scheint damit endgültig ein Riegel vorgeschoben.

Die Pressemitteilung des OLG Celle finden Sie hier.

Weitere Artikel aus dem Magazin

Verpassen Sie keinen Beitrag

Erhalten Sie regelmäßig die wichtigsten News zu Rechtsfragen im Gesundheitswesen und der Wirtschaft und verpassen Sie keine unserer Veranstaltungen mehr.