OVG Rheinland-Pfalz: Ungeimpfte Zahnarztmitarbeiterin darf Praxis nicht betreten

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.09.2022, Aktenzeichen: 6 B 10723/22.OVG

Bei den Gesundheitsämtern ist ein sehr unterschiedlicher Umgang mit der seit 15.03.2022 bestehenden, in § 20a IfSG geregelten einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu beobachten. Während in einigen Bundesländern Tätigkeits- und Betretungsverbote verhängt werden, findet in anderen Bundesländern kaum eine Durchsetzung der Impfpflicht statt. Über die Beschwerde einer ungeimpfte Zahnarztmitarbeiterin gegen ein Betretungsverbot hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz zu entscheiden.

Sachverhalt
Die Antragstellerin ist eine zahnmedizinische Verwaltungsassistentin, welche am Empfang arbeitete. Sie war nicht geimpft. Am 30. Juni 2022 untersagte ihr das Gesundheitsamt den Zutritt zu den Räumen der Zahnarztpraxis und drohte ein Zwangsgeld in Höhe 1.000 € an. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und suchte vorläufigen Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten. Die Antragstellerin infizierte sich im Laufe des Verfahrens mit dem Coronavirus, woraufhin die Verfügung konkretisiert wurde: Das Betretungsverbot gelte bis zum Außerkrafttreten des § 20a IfSG, mit Ausnahme des Zeitraums ab dem 29. bis zum 90. Tag nach der Testung zum Nachweis der Coronainfektion.

Das Verwaltungsgericht wies den Antrag der zahnmedizinische Verwaltungsassistentin ab.

Entscheidungsgründe
Auch die Beschwerde vor dem OVG Rheinland-Pfalz blieb ohne Erfolg.

Die in § 20a IfSG geregelte einrichtungsbezogene Impfpflicht sei nicht offensichtlich verfassungswidrig. Dies habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 27.04.2022 ausführlich dargelegt. Diese Einschätzung sei auch bei der nun vorherrschenden Omikron-Variante BA.5 noch zutreffend. Das Argument, dass die Wirksamkeit des Impfschutzes im Vergleich zu der Vorgängervariante nachgelassen habe und eine Testung nun ein milderes Mittel darstelle, greife nicht durch. Auch wenn laut Meldung des RKI durch die zum Zeitpunkt des Beschlusses verfügbaren Impfstoffe nur ein geringer Schutz vor einer Infektion mit der vorherrschenden Omikron-Variante bestehe, so entspreche dies keinesfalls der allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnislage. Dieser lasse sich gerade nicht entnehmen, dass ein Schutz vulnerabler Personen mit einer derart hohen Wahrscheinlichkeit entfällt, dass dies zur Verfassungswidrigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht führe. Auch die zum Zeitpunkt des Beschlusses noch angekündigten, inzwischen bereits zugelassenen, angepassten Impfstoffe wurden vom OVG als Argument für die Verfassungsmäßigkeit des § 20a IfSG herangezogen. Weiterhin spreche die Befristung der Regelung bis zum 31.12.2022 für die Verhältnismäßigkeit der Vorschrift.

Das OVG Rheinland-Pfalz hielt auch die Ausnahme vom Betretungsverbot für den Zeitraum vom 29. bis zum 90. Tag nach der positiven Testung für rechtmäßig. Die Antragstellerin hatte dagegen ausgeführt, dass das Betretungsverbot gemäß § 20a Abs. 4 IfSG erst einen Monat nach Ablauf des Genesenennachweises fortgesetzt werden dürfe. Nach der Auffassung des OVG sei § 20a Abs. 4 IfSG zwar sowohl auf Bestandsmitarbeiter als auch auf neue Mitarbeiter anwendbar, nicht jedoch auf den vorliegenden Fall. Die Regelung habe die Situation im Blick, dass von dem Mitarbeiter bis zum entscheidenden Stichtag (bei Bestandsmitarbeitern der 15.03.2022) ein Nachweis vorgelegt wurde, dieser aber seine Gültigkeit verliert. Von der Antragstellerin wurde ein solcher Nachweis bis zum Stichtag jedoch nicht vorgelegt. Aus einem bereits erlassenen Betretungsverbot müsse daher nur der Geltungszeitraum des Genesenennachweises ausgenommen werden. Der einmonatige Zeitraum zur Vorlage eines neuen Nachweises müsse jedoch nicht gewährt werden.

Praktische Hinweise
Das OVG verneint eine offensichtliche Verfassungswidrigkeit des § 20a IfSG ausdrücklich, auch bei der aktuell vorherrschenden Omikron-Variante BA.5. Die Fortgeltung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird daher einzig von der Entscheidung des Gesetzgebers über die Verlängerung über den 31.12.2022 hinaus abhängen. Während immer mehr Landesregierungen und Experten das Auslaufen der Impfpflicht zum Jahresende fordern, hält sich die Bundesregierung bedeckt. Die Verlängerung der Laufzeit werde weiterhin geprüft.

Das Urteil des OVG können Sie hier nachlesen.

Unseren Beitrag über den Beschluss des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht finden Sie hier.

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