VG München: Ohne die ganztägige Anwesenheit des weiterbildungsbefugten Arztes droht die Nichtzulassung zur Facharztprüfung

VG München, Urteil vom 26.10.2023, Az.: M 27 K 21.6223

Fachkräfte, darunter auch Fachärzte, werden immer dringender gebraucht. Umso fataler ist es, wenn eine Zulassung zur Facharztprüfung daran scheitert, dass die Weiterbildungszeiten nicht angerechnet werden.

Dies droht beispielweise dann, wenn an der Weiterbildungsstätte nicht während der gesamten Ausbildungszeit ein Arzt mit Weiterbildungsbefugnis vorhanden war, so das VG München. In diesem Fall habe die Landesärztekammer das Recht, die Ausbildungszeit um die Zeiten der Abwesenheit des Weiterbilders zu kürzen. Im schlimmsten Fall droht die Nichtzulassung zur Facharztprüfung.  Da die Facharztausbildung im eigenen Haus sowohl personelle als auch finanzielle Mittel kostet, sollte dieses Szenario durch die Sicherstellung einer Vollzeitpräsenz eines verantwortlichen Weiterbilders verhindert werden.

Ist der Weiterbilder, wie im Fall des VG München, an mehreren Weiterbildungsstätten tätig, muss nach § 5 Abs. 3 S. 4 WBO Bayern 2021 ein weiterer befugter Arzt hinzugezogen werden.

Sachverhalt:

Die Klägerin hatte sich als bereits tätige Assistenzärztin in einer Weiterbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin befunden. Sie beantragte bei der beklagten Landesärztekammer nach abgeschlossenem Weiterbildungszeitraum zur Facharztprüfung zugelassen zu werden und hatte dafür ein Weiterbildungszeugnis angefügt. Der angegebene Weiterbilder war ebenso wie die Klägerin am Klinikum tätig – jedoch nicht in Vollzeit, sondern neben seiner Tätigkeit in eigener Praxis nur 13 Stunden wöchentlich.

Der Weiterbilder hatte zuvor bei der Beklagten eine Weiterbildungsbefugnis an seinen beiden Tätigkeitsstätten mit der Nebenbestimmung erlangt, dass die Weiterbildung von Assistenzärzten an beiden Orten ganztätig und unter persönlicher Anleitung erfolgen muss.
Die Landesärztekammer wies daraufhin den Antrag der Klägerin ab. Eine ganztägige und persönliche Anweisung konnte nach den Angaben der Personalabteilung des Klinikums nicht erfolgen, sodass nur eine anteilige Anrechnung des Zeitraums möglich war. Die Assistenzärztin klagte nun auf volle Anerkennung der abgeleisteten Weiterbildungszeit und forderte die Zulassung zum Prüfungsgespräch zur Facharztprüfung.

Entscheidung des VG München:

Das Verwaltungsgericht München gab der Landesärztekammer Recht und gewährte der Klägerin keinen Anspruch auf Zulassung zur Facharztprüfung gem. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.

Weiterhin hat es in seiner Entscheidung klargestellt, dass eine solche Weiterbildung zwar die Selbstständigkeit des weiterzubildenden Arztes fördern soll, dies aber nicht ohne eine regelmäßige Kontrollmöglichkeit des Weiterbilders erfüllt wird. Andernfalls könnte eine Gefährdung des Patientenschutzes drohen.
Die genaue Ausgestaltung der Facharztweiterbildung ist Ländersache. Dennoch ergibt sich bereits aus Unionsrecht (Art. 25 Abs. 3 S. 1 der RL 2005/36/EG – sog. Berufsanerkennungsrichtlinie), dass eine fachärztliche Weiterbildung als eine Vollzeitausbildung zu verstehen ist – das gilt für beide Seiten der Weiterbildung.

Eine fachärztliche Weiterbildung ist in Vollzeit abzuleisten, denn das „durch die Facharztbezeichnung in der Öffentlichkeit erweckte Vertrauen in die besondere Qualifikation des Arztes“ könne nur dann gerechtfertigter Weise vergeben werden, wenn im Prüfungsverfahren umfassend die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten festgestellt werden können. Bei einer nur stundenweise vor Ort persönlichen Anweisung durch den Weiterbilder könne dies nach den gesetzlichen Vorschriften nicht gewährleistet werden. Damit hat eine Weiterbildung zum Facharzt grds. in Vollzeit und persönlich zu erfolgen.

Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie konnte auf der Website der Landesärztekammer erkennen, dass die Befugnis des Weiterbilders nur unter Nebenbestimmungen vorlag. Dass die Klägerin dabei nicht aktiv wusste, wofür die Nebenbestimmung galt, gebe ihr nicht schon das Recht, auf die Richtigkeit der Befugnis zu vertrauen. Der Weiterbilder selbst wurde von der Beklagten bereits während der Zeit der Weiterbildung schriftlich darauf hingewiesen, dass er zur fachlichen Leitung vor Ort verpflichtet ist.

Jedoch ist der Fall des Verwaltungsgerichts nicht pauschal übertragbar und die Krankenhäuser müssen im Einzelfall überprüfen, ob Weiterbildungen unter den genauen Vorschriften ablaufen.

Das Urteil des VG München finden Sie in ganzer Länge hier.

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