VG Trier: Dienstentfernung einer JVA-Beamtin wegen Verweigerung der Umsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen

VG Trier, Urteil vom 21.06.2022, Az.: 3 K 820/22.TR

Die Einführung betrieblicher Infektionsschutzmaßnahmen führt immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Arbeitnehmern, welche die Umsetzung der Maßnahmen verweigern. Ob eine JVA-Beamtin aufgrund der Verweigerung der Umsetzung der Maßnahmen aus dem Dienst entfernt werden darf, hatte das VG Trier zu entscheiden.

Sachverhalt
Die Beklagte war als Justizvollzugsbeamtin tätig. In einer Hausverfügung zur Umsetzung der 26. Corona-Bekämpfungsverordnung RLP war eine Corona-Testpflicht nach längerer Abwesenheit vorgesehen. Von der JVA-Beamtin wurde eine solche Testung verweigert. Dies äußerte sie in einer E-Mail gegenüber dem Leiter der JVA sowie in einem Gespräch mit ihrem Vorgesetzten.  Weiterhin äußerte sich die Beklagte wiederholt sehr kritisch gegen die staatlichen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung und riet Gefangenen von einer Impfung ab. Schließlich hat das Land Rheinland-Pfalz im März 2022 klageweise die Entfernung der Beamtin aus dem Dienst beantragt.

Entscheidung
Das VG Trier hat der Klage stattgegeben.

Die Verweigerungshaltung der Beamtin sowie ihre wiederholten kritischen Äußerungen bezüglich der staatlichen Maßnahmen und der Impfung seien als einheitliches schweres Dienstvergehen zu werten. Dadurch habe die Beamtin das Vertrauensverhältnis zu ihrem Dienstherrn und der Allgemeinheit erheblich gestört. Ein Beamter müsse, insbesondere durch sein Verhalten innerhalb des Dienstes, der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Die Gehorsamspflicht gehöre zum Kernbereich der einem Beamten obliegenden Dienstpflichten. Insbesondere die ernsthafte Äußerung, eine dienstliche Weisung nicht zu befolgen, berühre den Kernbereich des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses und kann eine erhebliche Störung des Vertrauensverhältnisses zur Folge haben. Die Beamtin habe die Testung nicht aus gesundheitlichen Gründen verweigert, sondern allein aus Zweifeln an der Sinnhaftigkeit. Auch mit ihren Äußerungen über die staatlichen Coronamaßnahmen und die Impfung habe sie den sachlichen Rahmen weit verlassen und die Grenzen der geschützten Meinungsfreiheit deutlich überschritten. Als Beamtin sei die Beklagte an das geltende Recht gebunden. Weiterhin habe die Beklagte gegen ihre Pflicht zur gewissenhaften Pflichterfüllung im Strafvollzug verstoßen, indem sie das Vertrauensverhältnis zu den Gefangenen ausnutzte und diese durch manipulative einseitige Informationen von einer Impfung abhielt. Dadurch wurde deutlich, dass sich die Beklagte aus eigennützigen Motiven nicht an die Schutzmaßnahmen für Leib und Leben gebunden fühlt und sich einer Gemeinwohlverpflichtung auch nicht unterwerfen möchte. Demnach kann von einem treuwidrigen Verhalten ausgegangen werden, wobei ein zukünftiges pflichtgemäßes Verhalten nicht zu erwarten ist. Eine Entfernung der Beamtin aus dem Dienst sei daher gerechtfertigt.

Praktische Hinweise
Verstößt ein Arbeitnehmer gegen eine rechtmäßig angeordnete Infektionsschutzmaßnahme, so begeht er eine vertragliche Nebenpflichtverletzung. Aus der Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB folgt auch die Verpflichtung, den Arbeitgeber bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern zu unterstützen. Bei einem Verstoß bestehen Sanktionsmöglichkeiten, wie bei jeder anderen Pflichtverletzung auch, z.B.:

  • Betriebsbußen (Verwarnung, Verweis, etc.)
  • Abmahnung
  • Kündigung

Zu beachten ist jedoch auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mildere Maßnahmen sind daher vorzuziehen, wenn sie ebenfalls erfolgsversprechend sind.

Die Pressemitteilung des VG Trier finden Sie hier.

Weitere Artikel aus dem Magazin

Verpassen Sie keinen Beitrag

Erhalten Sie regelmäßig die wichtigsten News zu Rechtsfragen im Gesundheitswesen und der Wirtschaft und verpassen Sie keine unserer Veranstaltungen mehr.