ArbG Köln: Vorlage eines gefälschten Impfausweises kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 23.03.2022, Az.: 18 Ca 6830/21

Von Ende November 2021 bis zum 19. März 2022 galt gem. § 28b IfSG die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz. Arbeitgeber waren verpflichtet, nur geimpften, genesenen oder getesteten Beschäftigten den Zutritt zur Arbeitsstätte zu gewähren. Dies sorgte vermehrt für Konflikte mit Arbeitnehmern, die die Vorlage eines entsprechenden Nachweises verweigerten. Auch der Gebrauch gefälschter Nachweise nahm zu. Der Gesetzgeber reagierte mit der Änderung des Strafgesetzbuches zum 24.11.2021. Der Gebrauch gefälschter Impfnachweise ist seitdem strafbar. Ob die Vorlage eines gefälschten Impfnachweises gegenüber dem Arbeitgeber eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, hatte das ArbG Köln zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Klägerin war als Facharbeiterin in der Beratung im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung tätig. Im Rahmen ihrer Tätigkeit betreute sie unter anderem auch Pflegeeinrichtungen. Im Oktober 2021 informierte die Arbeitgeberin alle Mitarbeiter, dass ab November 2021 Kundentermine in den Einrichtungen nur noch von vollständig geimpften oder genesenen Mitarbeitern wahrgenommen werden dürfen. Die Klägerin erklärte daraufhin, dass sie vollständig geimpft sei und legte ihren Impfnachweis der Personalabteilung vor. Anschließend nahm sie weiter Kundentermine in Pflegeeinrichtungen wahr. Als die Arbeitgeberin die Impfnachweise genauer prüfte, stellte sie fest, dass die im Impfausweis der Klägerin ausgewiesenen Impfstoff-Chargen erst nach den im Impfausweis genannten Impfterminen verimpft worden sind. Sie sprach daraufhin gegenüber der Klägerin eine fristlose Kündigung aus. Diese klagte.

Entscheidung

Das ArbG Köln wies die Klage ab. Die Kündigung sei rechtmäßig.

Durch die Vorlage des gefälschten Impfnachweises habe die Klägerin in schwerwiegender Weise eine vertragliche Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB verletzt. Diese Verletzung sei ein hinreichender Grund für eine fristlose Kündigung gem. § 626 BGB. Auch unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben habe die Arbeitgeberin aufgrund ihrer unternehmerischen Freiheiten ein 2G-Modell für Kundentermine einführen dürfen. Die Vorgabe greife nicht unzulässig in die Rechte der Klägerin ein. Es sei ihr weiterhin freigestellt, ob sie sich impfen lasse. Tue sie dies nicht, sei weiterhin eine telefonische Beratung der Kunden möglich gewesen. Die Missachtung der zulässigen Anordnung erfolgte nicht nur weisungswidrig, sondern stellte auch eine erhebliche Verletzung der Verpflichtung der Klägerin zur Wahrung der Interessen der Beklagten dar. Durch die Wahrnehmung von Außenterminen ohne Impfschutz habe die Klägerin sowohl die Kunden, als auch sich selbst einen erheblichen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Weiterhin hat sie einen Vertrauensverlust der Kunden gegenüber der Arbeitgeberin riskiert. Auch die Vorlage des gefälschten Impfnachweises berechtigt bereits allein zu einer außerordentlichen Kündigung. Es sei dabei unbeachtlich, dass das Verhalten der Klägerin zum Zeitpunkt der Vorlage des Nachweises noch keine Straftat darstellte. § 28b Abs. 1 IfSG habe zwar keine unmittelbare Pflicht der Arbeitnehmer begründet, jedoch diente die Norm insbesondere dem Gesundheitsschutz der Kollegen und Dritter. Nicht nur der Schutz der Mitarbeiter und Kunden vor dem hohen Infektionsrisiko mit gegebenenfalls schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen spricht für ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Vorlage korrekter Nachweise, sondern auch das drohende Bußgeld gem. § 73 Abs. 1a Nr. 11d IfSG. Durch die Vorlage eines gefälschten Nachweises habe die Klägerin gezeigt, dass sie bereits ist, die Gesundheit aller Kollegen und Kunden, mit denen sie in Kontakt kommt, vorsätzlich zu gefährden.

Auch das Arbeitsgericht Düsseldorf hat in einem ähnlichen Fall mit gleicher Argumentation die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung angenommen (ArbG Düsseldorf, Urteil vom 18.02.2022, Az.:11 Ca 5388/21). Das entsprechende Urteil finden Sie hier.

Praktische Hinweise

Die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz ist mit Ablauf des 19.03.2022 entfallen. Der Großteil der Arbeitgeber ist daher nicht mehr berechtigt vom Arbeitnehmer Auskunft über den Impfstatus zu verlangen. Bedeutung erlangt das Problem der Vorlage gefälschter Impfnachweise aktuell jedoch weiterhin im Gesundheitswesen, in welchem seit dem 16.03.2022 die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt. Ob sich das Urteil hierauf übertragen lässt und eine fristlose Kündigung auch bei Vorlage eines gefälschten Impfnachweises im Rahmen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht rechtmäßig ist, lässt sich momentan nicht rechtssicher beantworten. Anders als bei der 3G-Pflicht ist die Vorlage des Nachweises nicht mehr Voraussetzung für das Betreten der Arbeitsstätte. Bereits vor dem 16.03.2022 tätiges Bestandspersonal darf vielmehr auch ohne Vorlage eines Nachweises bis zum Ausspruch eines Tätigkeitsverbots durch das Gesundheitsamt weiterhin im Unternehmen beschäftigt werden. Auch bei Zweifeln an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit eines vorgelegten Nachweises hat der Arbeitgeber nach § 20a IfSG lediglich das zuständige Gesundheitsamt über den Vorfall zu informieren. Bis zum Ausspruch eines Tätigkeitsverbots bleibt auch hier eine Beschäftigung weiterhin möglich. Jedoch dient die einrichtungsbezogene Impfpflicht dem Gesundheitsschutz der Patienten, zu welchem die Einrichtungen verpflichtet sind. Auf die Gesundheit dieser Personen wird bei Vorlage eines gefälschten Genesenennachweises keine Rücksicht genommen. Ebenso hindert der Beschäftigte durch die Täuschung die Leitung der Einrichtung daran, ihrer Pflicht zur Meldung ungeimpfter und nichtgenesener Beschäftigter nach § 20a Abs. 2 S. 2 IfSG nachzukommen. Ein nachhaltiger Vertrauensverlust wird anzunehmen sein. Ein Kündigungsgrund liegt daher nach unserer Auffassung vor.

Das Urteil des ArbG Köln finden Sie hier.

Unsere News zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht finden Sie hier.

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