BAG: Unwirksamkeit einer weitgehenden Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvereinbarung

BAG, Urteil vom 01.03.2022, Az.: 9 AZR 260/21

Als Arbeitgeber besteht ein großes Interesse daran, dass berufliche Kenntnisse der Arbeitnehmer durch Fortbildungen erhalten oder verbessert werden. Aus diesem Grund übernehmen Arbeitgeber häufig die Kosten für Fortbildungen ihrer Mitarbeiter. Damit am Ende nicht andere von den Kenntnissen der Arbeitnehmer profitieren, werden häufig Fortbildungsverträge abgeschlossen. Über die Wirksamkeit einer dort enthaltenen Rückzahlungsklausel hatte kürzlich das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Beklagte war als Altenpflegerin in einer Reha-Klinik beschäftigt. Im Februar 2019 schloss sie mit der Bertreiberin der Klinik einen Fortbildungsvertrag ab. Geregelt wurde dort die Fortbildung zur „Fachtherapeutin Wunde ICW“ über die Dauer von 18 Arbeitstagen. Die Betreiberin der Klinik verpflichtete sich zur Übernahme der Kosten in Höhe von ca. 4.000 €. Im Gegenzug verpflichtete sich die Pflegerin im Fortbildungsvertrag, das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Fortbildung für mindestens 6 Monate fortzusetzen. Sollte das Arbeitsverhältnis früher durch eine Kündigung durch den Arbeitnehmer aufgrund eines vom Arbeitgeber nicht zu vertretenen Grundes enden, so solle der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der gesamten Fortbildungskosten verpflichtet sein. Noch vor Abschluss der Fortbildung im Dezember 2019 kündigte die Pflegerin das Arbeitsverhältnis zum 01.02.2020. Die Betreiberin der Klinik klagte daraufhin auf Rückzahlung der übernommenen Kosten.

Entscheidung

Das BAG wies die Klage ab. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten bestehe nicht.

Die entsprechende Vereinbarung im Fortbildungsvertrag sei unwirksam. Bei der Vereinbarung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, welche den Anforderungen der §§ 305 ff BGB genügen muss. Durch die Vereinbarung werde die Arbeitnehmerin unangemessen benachteiligt, was zur Unwirksamkeit nach § § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB führt. Die Klausel verpflichtet den Arbeitnehmer auch zur Rückzahlung, wenn weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer den Grund der Kündigung zu vertreten haben. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn es dem Arbeitnehmer unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Praktisch würde dies bedeuten, dass der Arbeitnehmer zur Verhinderung einer Rückzahlungspflicht auch nach Ablauf des Zeitraums der Entgeltfortzahlung am Arbeitsvertrag festhalten muss, ohne dafür eine Gegenleistung vom Arbeitgeber zu erhalten. Dies kann dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden.

Hinweis für die Praxis

Das BAG bestätig erneut die bisherige Rechtsprechung, nach welcher die Rückzahlungspflicht nur durch ein dem Arbeitnehmer zurechenbares Verhalten ausgelöst werden darf. Einzig der Arbeitnehmer selbst muss es in der Hand haben, der Rückzahlung durch Betriebstreue zu entgehen (BGH, Urt. v. 17.09.2009, Az.: III ZR 207/08). Nun stellte das BAG klar, dass eine Rückzahlungspflicht dementsprechend auch nicht ausgelöst wird, wenn weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber die Kündigung zu vertreten haben.

Das Urteil des BAG können Sie hier nachlesen.

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