LAG Hessen: Kein erneutes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Dienstplanänderungen nach Abschluss einer Dienstvereinbarung

LAG Hessen, Beschluss vom 03.03.2022, Az.: 5 TaBV 47/21

Gemäß § 87 Abs. 2 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Dienstpläne sind dem Betriebsrat daher zur Zustimmung vorzulegen. Ob die Zustimmung auch dann erforderlich ist, wenn bereits eine Betriebsvereinbarung zum Thema Dienstpläne mit dem Betriebsrat geschlossen wurde, hatte das LAG Hessen zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Arbeitnehmer eines Vereins mit über 200 Standorten werden durch einen Betriebsrat repräsentiert. Im Mai 2016 schloss dieser Betriebsrat mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit und Dienstplan“ ab. In dieser wurden unter anderem die Aufstellung und Änderung von Dienstplänen geregelt. Im Jahr 2019 und 2020 kam es mehrfach zum Einsatz einer leitenden Pflegekraft abweichend von den mitbestimmten Dienstplänen. Grund dafür waren krankheitsbedingte Ausfälle. Der Betriebsrat wurde nicht beteiligt. Er wendete sich daher an das Gericht und forderte die Unterlassung von Änderungen mitbestimmter Dienstpläne.

Entscheidung

Das LAG Hessen wies das Begehren des Betriebsrates zurück.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG sei nicht verletzt worden. Im Rahmen des Abschlusses der Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit und Dienstplan“ habe der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bereits vollumfänglich ausgeübt. Diese enthält auch eine umfassende konstitutive Regelung für Dienstplanänderungen. Eine erneute Beteiligung sei daher nicht erforderlich. Irrelevant hierfür sei auch, ob der Arbeitgeber das in der Betriebsvereinbarung geregelte Verfahren eingehalten hat. Gegenstand des Verfahrens sei ausschließlich ein Unterlassungsanspruch aufgrund eines Verstoßes gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Der Unterlassungsanspruch aufgrund eines Verstoßes gegen die Betriebsvereinbarung müsse hiervon klar unterschieden werden und sei daher nicht Gegenstand des Verfahrens.

Praktische Hinweise

Grundsätzlich darf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates auch bei einem unerwarteten und eiligen Bedarf einer Abänderung des Dienstplans nicht eingeschränkt werden. Solche eintretenden Zwangslagen werden als Ergebnis mangelhafter Organisation des AG gewertet (BAG, Beschluss v. 8.12.2015, Az.: 1 ABR 2/14). Nur in „echten Notfällen“, wie Bränden, Überschwemmungen oder anderen Katastrophen, entfällt das Mitbestimmungsrecht. Das LAG Hessen macht nun eine weitere Ausnahme für die Fälle, in denen der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bereits umfassend durch eine Regelung zur Dienstplanänderung in einer Betriebsvereinbarung ausgeübt hat. Um die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahme sicherzustellen, sollte jedoch vom Arbeitgeber stets das in der Betriebsvereinbarung vorgesehen Verfahren eingehalten werden.

Das Urteil des LAG Hessen finden Sie hier.

Weitere Artikel aus dem Magazin

Verpassen Sie keinen Beitrag

Erhalten Sie regelmäßig die wichtigsten News zu Rechtsfragen im Gesundheitswesen und der Wirtschaft und verpassen Sie keine unserer Veranstaltungen mehr.